Rede zum Haushalt 2025 - Bündnis 90/Die Grünen -  Reken

Die Grünen EF22.12.2024 Reken (pi). Stellungnahme von Hermann Dreischenkemper, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen - Reken, zum Haushalt 2025.

 „Ein Haushalt ist mehr als die Ansammlung von Zahlen. Er ist das zentrale Steuerinstrument unserer Gemeinde, er ist die Arbeitsanweisung für unsere Verwaltung. Er zeigt welche Projekte wir als Politik priorisieren und welche Schwerpunkte wir als gewählte Vertreter unserer Bürger setzen wollen.

Ja, die Verabschiedung des Haushaltes ist nicht nur die Königsdisziplin des Rates, sie ist auch königlich kompliziert.

Es gibt Gute Zeiten und eben Zeiten wie diese, in denen eine Krise die andere jagt und in denen es schwieriger denn je ist, die zukünftigen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen vorherzusagen. Erfolgreiches haushalterisches Handeln bedeutet Orientierung zu geben, nicht zu verzweifeln, sondern einen zukunftsfähigen Haushalt aufzustellen und somit die kommunale Handlungsfähigkeit zu sichern.

Das ewige Thema; wie wird die finanzielle Situation einer Gemeinde definiert? Was benötigt eine Gemeinde an finanzieller Grundausstattung? Über welche freie finanzielle Spitze soll sie verfügen?

Hierzu finden wir eine klare Vorgabe in Artikel 28. Abs. 2 GG:" Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
der Grundsatz `Wer bestellt, der bezahlt´ sollte, nein muss, Maßgabe aller politischen Handlungsentscheidungen sein. Das ist gerade für die Ausweitung staatlicher Leistungen von elementarer Bedeutung.

Städte und Gemeinden geben mittlerweile bundesweit mehr als 70 Milliarden Euro pro Jahr für soziale Leistungen aus. Seit 2005 haben sich die Ausgaben somit verdoppelt. Diese Entwickelung kann und darf so nicht weitergehen. Ohne jeglichen Zweifel ist das Bundesteilhabegesetz und die Umsetzung eine gesamtgesellschaftliche Ausgabe und nicht nur Aufgabe von Städten und Gemeinden. Wir fordern den Bund und das nachdrücklich auf, diese Umsetzung ausreichend zu finanzieren. Die Kosten der Versorgung und Teilhabe an der Gesellschaft von Menschen mit Behinderung kann und darf nicht zum Zankapfel der Politik werden. Gleichzeitig gilt es die Zielgenauigkeit von sozialen Hilfen kritisch zu hinterfragen. Auf allen politischen Ebenen. Sozialleistungen sind kein Selbstzweck. Allein die Tatsache, dass wir immer mehr Geld für Sozialleistungen ausgeben, macht uns nicht zu einem sozialen Land. Ein reiches Land wie Deutschland darf nicht Millionen Menschen unterhalb der Armutsgrenze haben. Kinder unter der Armutsgrenze schon gar nicht. Und warum schwarz/grün in NRW kein kostenloses Mittagsessen für Kinder gewährt ist völlig unverständlich und nicht sozial. Uns beschämt das!

Nach einer aktuellen Umfrage des StGB NRW gelingt es von allen 396 Kommunen in NRW lediglich 8 Kommunen i m nächsten Jahr einen strukturellen HH-Ausgleich zu erreichen.

Unsere positive Lage ermöglicht uns größere finanzielle Unterstützung und Investitionen in unsere Kitas, Schulen, Vereine, Dorfgemeinschaftshäuser, Feuerschutz, Neubau Feuerwache und anderes mehr. Wir können dauerhaft, planbar und vorausschauend investieren. Mit der Verwaltung und dem Rat der Gemeinde Reken beherzigen wir eine verantwortungsbewusste und zugleich zukunftsorientierte Haushals- und Finanzplanung.

Diese positive Lage darf uns nicht davon abhalten, dass wir Ausgaben- und Aufgabenkritik in alle Richtungen üben müssen. Was ich damit meine? Im Land- u. Bundestag werden immer mehr politische Ziele definiert, die Städte und Gemeinden vor Ort umsetzen sollen. Lassen sie mich ein paar Schlagworte aufführen; Gesetzlicher Anspruch auf Kinderbetreuung, Ausbau der Grundschule zur Ganztagesschule, Integration von geflüchteten Menschen ...... wie sie wissen, lässt sich diese Aufzahlung beliebig ergänzen.

Bei der Diskussion um die Erhöhung der Kreisumlage im HFA war förmlich eine "schwäbische" Grundhaltung unverkennbar und ich erinnerte an ein Zitat vom ehemaligen Stuttgarter OB Manfred Rommel: "Finanzpolitik- das ist die Auseinandersetzung zwischen jenen Leuten, die eine Mark haben und zwei ausgeben wollen, und jenen anderen, die wissen, dass das nicht geht."-Zitatende-Ja, wir wissen, dass das nicht geht. Zu einer vernünftigen Finanzpolitik gehört stets im Blick zu haben, was finanziell möglich und sinnvoll ist und wo man ggfs. Abstriche machen muss.

Wichtiges Thema nach wie vor: Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und mittlerweile auch von bezahlbarem Wohnungsbau. Wohnen ist mittlerweile eine der wichtigsten sozialen Frage geworden. Auch bei uns in Reken. Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum für altersgerechtes Wohnen, Wohnungen für Pflege, für Wohngemeinschaften, Singlewohnungen, Mehrfamilienhäuser mit mietpreisgebundenen Wohnungen. Wir setzen uns ein für Projekte, die nicht nur den dringend benötigten bezahlbaren Wohnraum schaffen, sondern auch langfristig die Lebensqualität in Reken weiter verbessern werden.

Der Klimaschutz und die Klimaanpassung ist unsere zentrale Zukunftsaufgabe und gesamtgesellschaftlich relevant. Dieses Bewusstsein hat sich gesellschaftlich und politisch auf allen Ebenen etabliert. Die Umsetzung erfordert erhebliche Investitionen, die nur erfolgreich bewältigt werden können, wenn sich das Land dauerhaft und vor allem planbar an der Finanzierung beteiligt.

Das Artensterben gilt neben dieser Klimakrise als größte Bedrohung unserer Lebensgrundlage. In den nächsten Jahren drohen nahezu 2 Millionen Arten auszusterben. 2 Millionen!!! Eine neue europäische Studie aus Österreich sieht mehr als die doppelten Arten in Gefahr als bisher von den Wissenschaftlern des IPBES-Weltbiodiversitätsrates angenommen worden ist. Dieses ist die größte Umbruchphase seit dem Aussterben der Dinosaurier. Beim Artensterben bleibt dann nur das Fazit: Was weg ist, ist weg. Wir werden diskutieren, welche Maßnahmen wir in Reken für den Erhalt der Arten umsetzen können.

Eine jährlich garantierte Einnahme für kommende Haushalte bringt unser Windrad was sich für jeden Bürger und jede Bürgerin positiv auswirkt und letztendlich auch auf die Höhe der zu zahlenden Gebühren. Weitsichtig gedacht von Bürgermeister Deitert, verbunden mit der daraus folgenden Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Borken. Wir setzen uns nachdrücklich für weitere Beteilungen, die weitere Einnahmen sichern, an Windkraftanlagen ein. Diese Art der Bürgerbeteiligung erhöht auch die Akzeptanz unserer Bevölkerung an dem Bau von WKA‘s. Denn seien wir ehrlich, die Windräder verändern das Landschaftsbild und die Natur.


Dieses Jahr feiern wir 75 Jahre Grundgesetz. Das Grundgesetz garantiert das Recht unserer freiheitlichen demokratischen Grundwerte. Bei einem Festakt bezeichnete Bundespräsident Frank Walter Steinmeier zu Recht die Gemeinden als Speerspitze unserer Demokratie. Bei allen legitimen politischen Unterschieden braucht es heute und morgen mehr denn je den Schulterschluss und die Zusammenarbeit aller demokratischen Parteien. Wir müssen aufkommenden Hass mit Dialog und Respekt in der persönlichen Diskussion begegnen. Wir müssen klar und deutlich sagen: mit uns in Reken nicht. Gerade weil der gesellschaftliche Zusammenhalt bröckelt, sind wir gefordert, unsere demokratischen Werte zu verteidigen. Hassreden zersetzen unsere Gesellschaft und sind der Nährboden für aufkommenden Rechtsextremismus. Wir stehen für die Teilhabe aller an unserer Gesellschaft und für gleiche Lebens- und Bildungschancen unserer Bürgerinnen und Bürger. Unsere Bitte an unsere Bürger und Bürgerinnen, bitte leisten sie, soweit noch nicht geschehen, ihren möglichen Beitrag zum Wohl und positiver Weiterentwickelung unserer Gesellschaft. 

Politisch erleben wir ein Klima wie selten in unserer demokratischen Gesellschaft. Dieses sind anspruchsvolle Aufgaben für Menschen, die in der Politik etwas bewegen, gestalten und erreichen wollen. Gefragt sind Fähigkeiten Lösungen zu entwickeln, zu beschließen und umzusetzen. Gefordert ist die Fähigkeit zum Dialog, zur respektvollen Debatte, zuweilen auch zum Kompromiss und zum Konsens, auf jeden Fall aber zu einer demokratisch getroffenen Entscheidung. Das sind die Grundlagen einer funktionierenden Staatsebene.

Zu einer funktionierenden Demokratie gehört auch das Gefühl der Selbstwirksamkeit. Zu lernen, dass die eigene Meinung zählt und jeder in der eigenen Umgebung etwas verändern kann. Dieses Gefühl der Selbstwirksamkeit hängt sehr eng mit unserer Demokratie zusammen. Dieses Gefühl müssen wir stärken, denn es ist grundlegend für das Engagement und die Teilhabe in einer Gesellschaft. Wir werden diskutieren, wie wir die Meinung unserer Jugend an politischen Entscheidungen aufnehmen und einbinden können. Nicht nur dass sie die langfristigen Folgen unserer Entscheidungen spüren, auch das Gefühl der Selbstwirksamkeit kann erlebt und gelebt werden. Dieses Thema werden wir im kommenden Jahr auf die Tagesordnung setzen und somit in die politische Debatte einbringen.

Danke an die Verwaltung und Herrn Bürgermeister Deitert für die Zusammenarbeit mit dem Lippeverband bei der Abwasserbeseitigung. Nachhaltig wird die Möglichkeit für weiterhin niedrige Gebühren bei der Abwasserbeseitigung für unsere Bürgerinnen und Bürger geschaffen.

Nicht nur angehende Manager, nein auch wir Rekener Politiker und Politikerinnen mit Bürgermeister Deitert, beschäftigen uns unseres Erachtens zuweilen mit der sogenannten Igel Methode. Unser kleiner stacheliger Freund hat eine Eigenschaft: bei Gefahr rollt er sich zusammen. Dieses Prinzip des Igels ist eine hochgradig vernünftige Grundhaltung. Er macht genau das, was er kann. Er hat zu kurze Beine, um wegzurennen, er stellt sich also der Verantwortung in dem er sich auf das wesentliche, dass was er kann. konzentriert. Und wenn es zu wenig Nahrung gibt, bleibt der kontrollierte Verzicht: Einigeln und Winterschlaf. Immer der Methode folgend: Konzentration auf das wesentliche. Die Konzentration auf das wesentliche ist für uns auch eine andere Beschreibung der Aufgabenkritik, der Ausgabendisziplin und des Kompromisswillens.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
zum guten Schluss bleibt unserer Fraktion festzuhalten, dass der Haushalt 2025 solide aufgestellt ist und auch grüne Forderungen aufgreift. Wir stimmen dem Haushalt 2025 zu.
Bedanken möchten wir uns bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung für ihren Einsatz zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger. Danke auch an alle ehrenamtlichen tätigen Menschen, ohne euren Beitrag ist sehr vieles nicht möglich. Danke.

Stellungnahme zum HH 2025
Fraktion Bündnis90/Die Grünen
Fraktionsvorsitzender H. Dreischenkemper
- es gilt das gesprochene Wort -

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