Von den Schänken an der Alten Kirche bis zum Boom der Ausflugslokale

Heimatverein Proaloawend EFProaloawend des Heimatvereins zum Thema „Rekener Kneipengeschichte(n)“
08.09.2021 Reken (pd). Im ersten Proaloawend des Heimatvereins Reken nach langer Corona-Pause stand ein populäres Thema auf dem Programm. „Rekener Kneipengeschichte(n) – von Osthoff bis zur Hölle“ überschrieb Gerd Niewerth am Montagabend seinen kurzweiligen Vortrag.


Das Kneipensterben hat auch in Groß Reken dafür gesorgt, dass die einst so bunte Kneipenlandschaft mittlerweile arg ausgedünnt ist. Kein Vergleich zu den Zeiten, als durstige Zecher sonntags nach dem Hochamt in Vierer-Reihen bei Kösmanns, Tante Anna, Mötkes, Hartmann, Freeks oder Vogelwiesche an der Theke standen. Im 19. Jahrhundert säumten allein vier Schänken den kleinen Kirchplatz von Simon und Judas.

Fast 40 interessierte Heimatfreunde fanden den Weg ins Haus Uphave – weniger als vor der Pandemie, aber der Vorsitzende Carsten Hösl zeigte sich mit der Resonanz dennoch zufrieden: „Weitere Proaloawende werden folgen, wir kehren zur Normalität zurück.“ Im kommenden Jahr besteht der Heimatverein seit 75 Jahren.

Annähernd 40 Schankwirtschaften und Gasthäuser – darunter auch ein Rotlicht-Betrieb („Balmoral“) - hat es im Laufe der letzten 275 Jahre im Ortsteil gegeben, die Geschichte von 31 Kneipen lässt sich anhand von Fotos, Schankkonzessionen, Gästebüchern und Zeitzeugenberichten sehr gut dokumentieren. Einige sind komplett aus dem Ortsbild verschwunden. Nur noch drei Traditionswirtschaften sind seit Generationen im Besitz ein und derselben Familie: Schneermann, Schmelting und Schöttler („Hölle“).

210908 Hermann Ostendorf mit Bekante REEin von Franz Ewering senior gemaltes Ölbild der Wirtschaft „Drei Kastanien“ hing Montagabend im Heimathaus. Es befindet sich im Besitz von Josef Röhling, dessen Vorfahren („Freeks Jop“) einst die Wirtschaft nebst Metzgerei betrieben. Eine Wirtschaft, in der dauerhaft der Rekener Gemeinderat tagte und Borkener Amtsrichter einmal im Monat Grundbuchangelegenheiten regelten. Schmelting fungierte etliche Jahre als Standesamt und Verwaltungsnebenstelle des Amtes Heiden-Reken. In nahezu allen Wirtschaften hatten die Rekener Vereine ihr Zuhause: von Schützen- und Kriegerverein über Männergesangverein bis hin zur Thekenmannschaft („Schwarz-Weiß Osthoff“).

Gut in die Kneipen-Nostalgie fügte sich die weiße Schürze aus Batistspitze ein, die Doris Surmann, geborene Schöttler, dem Publikum präsentierte. Das Kleinod ist mehr als 110 Jahre alt und gehörte ursprünglich der 1896 geborenen Marie Elisabeth Schöttler, der ältesten Tochter des Kneipengründers. Auf dem Schwarz-Weiß-Bild von 1910 ist sie in der Schürze zu sehen.

Ein historischer Lageplan von 1894 aus der Konzession Sicking führt bereits zehn Gast- und Schankwirtschaften auf: eine Art „Kneipen-Urkataster“. In größter Blüte stand die Groß-Rekener Kneipenlandschaft in den 1950/60er Jahren, als Ausflügler aus dem Ruhrgebiet scharenweise die Reize der „Rekener Schweiz“ entdeckten und einen Boom von Ausflugslokalen (Birkenhain, Hartmanns Höhe, Waldschänke, Zum Faulen August) auslösten. Einen schillernden Ruf weit über die Gemeindegrenzen hinaus genoss der „Singende Wirt“ im Haus Wilkes, der reichlich Prominenz bewirtschaftete. So zählten die Albrechts („Aldi“) aus Essen, der Herzog von Croy, der Likörfabrikant Underberg und der spätere Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen zu seinen treuen Gästen.

Für Heiterkeit sorgte das letzte Kapitel des Proaloawends, das von „Rekenern im Rausch“ handelte: von der haarsträubenden Trunkenheitsfahrt zweier volltrunkener Männer, von den vier Rekener Rausch-Stufen („bummeldick“ bis „falldick“) und den betrunkenen Schweinen von Kösmanns.

 

Foto: Anno dazuma - Das Bild zeigt den Gastwirt Hermann Ostendorf (m.) in den 1920er Jahren mit zwei Rekenern. Ihm gehörte die Wirtschaft "Drei Kastanien", später "Freeks Jop".

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